Linke Radwege erziehen Geisterfahrer

Grundsätzlich gilt in Deutschland nach §2 StVO “Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte.” Da auch Fahrräder Fahrzeuge sind ist das auch für Rad fahrende bindend. Radwege stellen im allgemeinen ein Angebot für das Rad fahren im Seitenraum neben der Fahrbahn dar. Nach §39 StVO “werden örtliche Anordnungen durch Verkehrszeichen nur dort getroffen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist.” Eine Anordnung der Radwegbenutzungspflicht kommt dann in Frage, wenn die Bedingungen nach §45 Abs. 9 Satz 2 erfüllt sind, da es sich um ein Verbot des fließenden Verkehrs (hier Fahrbahnnutzungsverbot für Radfahrer) handelt.

“Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. … (Es) dürfen insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.”

Damit ist die Erfordernis (hinreichende Voraussetzung) zur Anordnung einer Benutzungspflicht abschließend definiert. Die Anordnung der Benutzungspflicht auf der rechten Seite ist bereits eine Ausnahme zur Fahrbahnnutzung nach § 2 StVO.

Ausnahmen bestätigen die Regel?

Die Anordnung linker Radwege kommt innerorts als Benutzungsrecht ausnahmsweise in Betracht. Die linke Radwegbenutzungspflicht im inneren von Ortschaften ist auch nicht ausnahmsweise vorgesehen. Wird sie trotz aller dadurch entstehenden Gefahren und entgegen der VwV-StVO dennoch angeordnet, muss die Straßenverkehrsbehörde schon sehr gewichtige Gründe dafür anführen und auch alle anderen möglichen Varianten zur Gefahrenabwehr prüfen und als nicht geeignet verwerfen. So sieht das der Gesetzgeber vor. Die Bedingungen an linke Radwege sind streng geregelt. Den Entscheidern in der Verwaltung sind mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) zu Zu §2 der StVO (Straßenbenutzung durch Fahrzeuge) zu Zu Absatz 4 Satz 3 und Satz 4 unter II. (Freigabe linker Radwege (Radverkehr in Gegenrichtung))  folgende Anweisung mit auf den Weg gegeben (verordnet):

“Die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen in Gegenrichtung ist insbesondere innerhalb geschlossener Ortschaften mit besonderen Gefahren verbunden und soll deshalb grundsätzlich nicht angeordnet werden.”

Sollte die Verwaltung allerdings dennoch die Gefahr für die Rad fahrenden als so hoch einschätzen, dass sie ausnahmsweise doch einen linken Radweg freigeben möchte, so kommt “in der Regel … ein Benutzungsrecht innerhalb geschlossener Ortschaften ausnahmsweise in Betracht.” Die Entscheidung ist an einige unabdingbare Bedingungen geknüpft:

“4. Am Anfang und am Ende einer solchen Anordnung ist eine sichere Querungsmöglichkeit der Fahrbahn zu schaffen.

5. Voraussetzung für die Anordnung ist, dass

a) die lichte Breite des Radweges einschließlich der seitlichen Sicherheitsräume durchgehend in der Regel 2,40 m, mindestens 2,0m beträgt;
b) nur wenige Kreuzungen, Einmündungen und verkehrsreiche Grundstückszufahrten zu überqueren sind;
c) dort auch zwischen dem in Gegenrichtung fahrenden Radfahrer und dem Kraftfahrzeugverkehr ausreichend Sicht besteht.”

So weit die Theorie. Leider wird von den Straßenverkehrsbehörden viel zu oft und viel zu leichtfertig eine Ausnahme angeordnet. Die offizielle Begründung des Verantwortlichen lautet: “Ich ordne das so an, um die Amtshaftung zu verhindern”. Tatsächlich siht es oft so aus, als ginge es nur darum die Radfahrer aus dem Verkehrsraum der KFZ fern zu halten.

Linke Radwege in der Hansestadt Wismar

Auf meinen Fahrten durch die Hansestadt Wismar mit dem Fahrrad, aber auch mit dem Auto achte ich auf die verordneten Radwege. Als Radfahrer, weil ich die Radwege benutzen muss und als KFZ Führer weil ich auf die Radfahrer als  vorfahrtsberechtigte und schlecht zu sehenden schwache Verkehrsteilnehmer achten muss. Besonderes Augenmerk lege ich auf legal links fahrende Radfahrer, da diese ein noch höheres Gefährdungspotential haben als Radler auf rechts verlaufenden Radwegen. Dabei sind mir die folgenden linken Radwege in Wismar aufgefallen (Aufstellung ohne Anspruch auf Vollständigkeit jeweils mit Link in die Google Karte):

FH

Nach der Hälfte der Straße beginnen unvermittelt auf der linken Seite 98m benutzungspflichtiger Radweg

  • Dammhusener Chaussee ab Dammhusener Hof bis Stadtgrenze (Zeichen 240 gemeinsamer Geh- und Zweirichtungsradweg) Dieser ist besonders brisant, da ab Stadtgrenze außerhalb der Stadt seit Jahren kein Radweg gebaut werden darf, weil die Verkehrslast nicht hoch genug ist.
  • Lübsche Burg in Richtung Lübsche Straße (Zeichen 240 gemeinsamer Geh- und Radweg auf beiden Fahrbahnseiten gleichzeitig)
  • Zum Festplatz ab Parkplatz Bürgerpark (Zeichen 240 gemeinsamer Fuß- und Radweg in beide Richtungen direkt an den Ein- und Ausfahrten des Großparkplatzes als linker Radweg)
  • Lübsche Straße Ortseingang bis Kreuzung R.-Breitscheid-Str. bis Ortsausgang (Zeichen 240 Geh- und Zweirichtungsradweg) obwohl auf der rechten Seite teilweise genügend Platz für eine rechtsseitige Führung ist.
  • Erwin Fischer Straße von Max Reichpietsch bis Lübsche Straße (Zeichen 240 beginnend in Tempo 30 Zone! gemeinsamer Geh- und Radweg in beide Richtungen)

 Die Ausnahme links Rad fahren wird zur Regel

Die gefundenen 16 linken Radwege mit Benutzungspflicht sind sicherlich nicht vollständig. Besonders schwerwiegend ist die Tatsache, dass die linken Radwege nicht ausnahmsweise mit “Radfahrer frei” gekennzeichnet sind. Die angeführten linken Radwege in Wismar sind alle benutzungspflichtig. Extreme Gefahren für Radfahrer existieren in den wenigsten Fällen, in allen notwendigen Fällen würde die einfache Freigabe bereits ausreichend sein, um den Rad fahrenden eine Alternative zur Fahrbahn anzubieten.

Weitere linke Radwege für die Hansestadt Wismar sind bereits in Planung und sollen demnächst gebaut werden. Die Stadtplaner setzen sich über alle technischen Regelwerke hinweg und planen heute noch Radwege nach einem Wissensstand von vor 1997. Radfahrer sollen von der Fahrbahn vertrieben werden. Radfahrer sollen lange Wartezeiten an Lichtsignalanlagen in Kauf nehmen. Radfahrern wird der mehrfache Wechsel der Fahrbahnseite innerhalb kurzer Strecken zugemutet. Radfahrer sind in den Köpfen der Wismarer immer noch Fußgänger. Die Auswirkungen der Radverkehrspolitik in Wismar sind von den Verantwortlichen bis heute nicht erkannt worden.

Geisterfahrer werden erzogen

Linke Radwege erziehen Geisterfahrer, das ist den Behörden scheinbar nicht plausibel. In vielen Fällen müssen die Radfahrer am Ende des linken Radweges die Fahrbahnseite wechseln. Das ist aber nach der linksseitigen Führung für viele Radler unbequem oder lästig. Daher fahren sie meist einfach weiter auf der linken Seite, entweder auf dem Gehweg oder auf dem linken Radweg. Das kann man sehr gut in der Poeler Straße beobachten. Es braucht dafür keine zwei Minuten Wartezeit und man kann sehen, wie fast alle Radfahrer aus Richtung Busbahnhof kommend an der Absperrung links abbiegen und auf dem linken Gehweg die Poeler Straße entlang fahren. Damit gefährden sie sich nicht nur selbst, sie gefährden auch andere Verkehrsteilnehmer. Die Polizei schaut dabei aktiv weg und das obwohl in vielen Berichten der Polizei zu lesen ist, dass Geisterradeln eine große Gefahr darstellt.

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