Nach langer Wartezeit (immerhin nur ein Jahr) haben nun die beiden von mir angestrebten Prozesse gegen Radwegebenutzungspflichten vor dem Verwaltungsgericht in Schwerin stattgefunden. Es ging konkret um die Radwegbenutzungspflicht in zwei Straßen in der Hansestadt Wismar.
Ich habe hier im Blog bereits berichtet:
- Juli 2013 “Radwege sind sicher ?” (Poeler Straße)
- April 2013 “Radweg Benutzungspflicht gleichzeitig rechts und links” Redentiner Ortsdurchfahrt
In beiden Fällen gibt es baulich angelegte Radwege, die nach der Entfernung des “Blauschildes” weiterhin als sonstige Radwege erhalten bleiben und sicher auch zahlreich genutzt werden. Im Vorverfahren sind beide Anträge auf Neubescheidung gescheitert und auch in den folgenden Widerspruchsverfahren an das Landesamt in Rostock wurde im groben die Auffassung der Hansestadt Wismar bestätigt.
Wismarer Radwege der Prozess
Die beiden Verfahren wurden vom Verwaltungsgericht Schwerin am 15.07.2015 zusammen verhandelt. Ich ließ mich von einem Kieler Fachanwalt vertreten. Vom Gericht war eine Stunde für die Verhandlung eingeplant. Auf einen Ortstermin hat man verzichtet, obwohl diese in den Klageschriften zum Beweis der Zustände angeboten waren.
Der vorsitzende Richter ging in seiner ersten Einschätzung davon aus, das die Hansestadt Wismar die richtige Entscheidung getroffen hätte. Das zog er allein aus seiner Meinung, wo ein Radweg angelegt wurde ist auch die Beschilderung dafür notwendig. Erst im Laufe der Verhandlungen ist dem Gericht die Komplexität des Themas nahegelegt worden. Insofern revidierte der Vorsitzende seine erste Einschätzung nach über einer Stunde Verhandlung und gab zur Kenntnis, das es bisher noch keinen vergleichbaren Fall in Mecklenburg Vorpommern gegeben hätte.
Eines der Verfahren wurde durch die Verwaltung beendet, indem sie vor Gericht erklärte die Benutzungspflicht aufzuheben. Über das zweite Verfahren und dessen Urteil habe ich bereits berichtet.
Ein kurzer Bericht aus dem Prozess eines Beobachters vom ADFC Schwerin ist hier zu finden.
Poeler Straße – keine Benutzungspflicht mehr
Für den Bereich der Poeler Straße hat der Vertreter der Hansestadt eingesehen, dass die Benutzungspflicht nicht zu halten ist. Hier war allerdings wegen der desolaten baulichen Zustände der Radwege die Benutzungspflicht durchlöchert gewesen. Insofern gab es hier keine Stetigkeit mehr und damit die Rechtmäßigkeit der Anordnung sehr fraglich. Die Verwaltung der Hansestadt Wismar wird hier die Schilder abhängen. Mein rechtlicher Vertreter aus Kiel gab der Stadt zur Beschleunigung der Aufhebung den Tipp, über die Schilder alsbald Müllsäcke zu stülpen, um den Missstand schnell zu beenden. Die Schilder waren bereits eine Woche nach dem Verfahren abgebaut. Es wird hier kein Urteil geben. Die Stadt hätte sich das ganze Gerichtsdebakel und vor allem die Kosten für meinen Anwalt vorher sparen können.
Schilder abgebaut – Gehwege Radfahrer frei
Das Resultat der Streitigkeiten ist nun das ursprünglich angestrebte Ziel, die Gehwege in der Poeler Straße für den Radverkehr freizugeben. Inzwischen ist die Beschilderung genau so angeordnet.
Im übrigen stellt sich die Hansestadt Wismar nun nach dem Gerichtstermin auf den Standpunkt, dass es sich um einen Bagatellfall gehandelt hat. Schon deswegen hätte ich einen billgen ortsansässigen Anwalt damit beauftragen können. Die Stadt wird die Reisekosten des Rechtsbeistands nicht bezahlen.
Bleibt die Frage nach all dem:
Warum musste dazu erst jahrelang prozessiert werden?